Apostel Harburg

Ist das wirklich wahr?

Liebe Gemeinde,
„Dein Wort ist unseres Fußes Leuchte und ein Licht auf unserem Wege“ (Ps 119,105)
Mit diesem Wort aus Psalm 119 habe ich sie eingangs begrüßt und es wurde auch nach der Schriftlesung gesagt.
Wir sprechen damit nach, was ein Mensch voller Vertrauen über die Bedeutung von Gottes Wort für ihn persönlich sagen kann.
Der ganze Ps 119 drückt in verschiedenen Varianten, die Freude eines Menschen über Gottes Wort aus und redet von der Sehnsucht danach auf Gottes Rat zu hören.
So kann nur ein Mensch reden und beten, der selbst erfahren hat, das Gottes Wort eine solche Strahlkraft hat.

Können Sie das auch so für sich sagen?
Haben Sie das schon mal erlebt, dass Worte aus der Bibel für Sie eine Strahlkraft bekommen haben?
Ich will Ihnen dazu eine kleine Geschichte erzählen.
Es ist die Geschichte einer Prinzessin!

Diese Prinzessin ist seit einiger Zeit sehr allein,
weil ihr Verlobter in einer fernen Stadt wohnt.
Eines Tages hat sie dann Geburtstag. Sie bekommt von ihrem Verlobten, wie sie es sich erhofft hatte, ein großes schweres Paket.
Voller Erwartung öffnet sie die gewichtige Sendung und findet darin
eine dunkle schwere Eisenkugel.
„Oh, eine Eisenkugel“, denkt sie. „Das wäre doch nun wirklich nicht nötig gewesen.“ :-)

Tief enttäuscht und verärgert wirft sie die schwarze Kugel in die Ecke. Aber als die Kugel auf den Boden fällt, springt die äußere Schale der Kugel auf, und eine Silberkugel kommt zum Vorschein.
Die Prinzessin nimmt die Silberkugel in die Hand, dreht und wendet sie nach allen Seiten. Plötzlich öffnet sich die silberne Hülle, und es kommt ein goldenes Etui hervor.
Sorgsam bewegt die Prinzessin das Etui und findet ein kleines Knöpfchen, drückt es, und das Etui springt auf. Und da:
Da liegt ein kostbarer Ring mit einem wunderschönen Diamanten.
Ein kleiner Brief liegt dabei mit den Worten: „Aus Liebe zu dir!“
- schön, oder? :-)

Ich finde diese Geschichte so gut, weil ich glaube, dass es vielen Menschen so wie der Prinzessin geht, wenn sie die Bibel in der Hand halten.

Schwarz und dick, fremd und schwer, dunkel und eigenartig erscheint sie auf den ersten Blick.
Rätselhaft und verschlossen können uns viele Worte sein.
Die Sprache ist uns manchmal so fremd wie die Kultur der damaligen Zeit.
Was soll ich damit bloß anfangen? Und kann ich dem, was da Menschen irgendwann aufgeschrieben haben überhaupt mein Vertrauen schenken? Was hat das alles mit mir zu tun?
Wer die Bibel aber in die Hand nimmt, aufschlägt, sie hin und her wendet, von allen Seiten betrachtet – sie studiert und darin voller Vertrauen liest, dem öffnet sie sich immer mehr.
– durch die Worte der Bibel können wir Gott begegnen.
Immer neue Schönheiten, immer tiefere und geistreichere Worte werden wir bei unserem Lesen entdecken.
Und wenn das geschieht, denn werden wir auf die Strahlkraft,
die Gottes Wort für unser Leben hat, stoßen.
Dann werden wir erleben, dass neben dem, was uns nicht einleuchten mag, immer wieder ein Funke aus der Bibel hinüberspringt – ein Funke aus der Bibel hinein in mein Leben, manchmal silber, manchmal gold.

Bis wir schließlich den kostbaren Kern aufleuchten sehen.
Wie auf dem Brief neben dem Diamantring lesen wir dann die Worte: „Aus Liebe zu Dir!“
Denn so könnte man die Botschaft der Bibel zusammenfassen.
Die Bibel ist in ihrer Grundstimmung ein einziger Liebesbrief Gottes an uns Menschen.

Je mehr wir darin lesen und leben, umso geborgener und getrösteter werden wir sein.

So einfach kann das sein, und dennoch:
der heutige Predigttext beschäftigt sich auch mit Zweifeln die da sind, die andere an uns herantragen, oder die wir uns auch immer wieder selber stellen, wenn wir mit der Bibel zu tun haben.
Auf 2 gewichtige Zweifel möchte ich heute Morgen eingehen.

Zweifel 1: Kann ich der Bibel überhaupt vertrauen? Kann ich den Menschen vertrauen, dass sie ehrlich waren als sie alles aufschrieben?
Zweifel 2: Ist die Bibel wirklich Gottes Wort. Ist es wirklich wahr, was darin steht? Was hat sie denn an sich, was anderer Literatur fehlt?

Zweifel 1: Kann ich der Bibel überhaupt vertrauen?
Leute die so fragen, haben vielleicht schon mal folgende Sätze gehört und verinnerlicht:
„Das, was in der Bibel steht, das haben sich doch nur die Jünger ausgedacht, um sich über das Scheitern Jesu am Kreuz hinwegzutrösten.“

„Woher willst du denn das so genau wissen? Wer weiß schon, was letztlich Wahrheit ist? – oder willst Du Dir das etwa anmaßen?“

„Für mich ist Jesus nur ein großer weiser Mann gewesen, ein Vorbild der Moral. - Die Bibel hat das dann noch irgendwie göttlich ausgeschmückt.“ Das habe ich mal zu Ostern im Spiegel oder so gelesen.

Kennen Sie solche Fragen?
Ich denke, wir finden ein paar Antworten in dem heutigen Predigttext:

Der 2. Petrusbrief ist eine Art Vermächtnis des Apostels an seine Gemeinde.
Die Gemeinde wurde von falschen Propheten und Irrlehrern angegriffen. Zum einen stellten sie infrage, ob Jesus überhaupt ein richtiger Mensch war - ob er nicht nur einen Scheinleib trug
und zum andern stellten sie das ganze Evangelium infrage und hielten die Geschichten von Jesus für Erfindungen von Menschen, ausgeklügelte Fabeln.
Und das war nicht nur damals so. Solche Vorwürfe an den christlichen Glauben können wir auch heute von vielen Menschen hören.
Wir lesen ja von einem neuen Atheismus in den Medien.
Wenn etwa der Evolutionsbiologe Richard Dawkins in seinem Bestseller "Gotteswahn" über das Christentum spottet oder der Amerikanische Journalist Christopher Hitchens ein Buch mit dem Titel: „Der Herr ist kein Hirte - Wie Religion die Welt vergiftet“ veröffentlicht.

Petrus antwortet Ihnen und unseren inneren Zweifeln so:
„Wir haben euch doch keine schönen Märchen erzählt, als wir euch von der Macht unseres Herrn Jesus Christus und von seinem Wiederkommen berichteten. Mit unseren eigenen Augen haben wir ihn in seiner ganzen Größe und Herrlichkeit selbst gesehen.“

Petrus sagt also: Liebe Leute! Wir folgen nicht irgendwelchen erfundenen Geschichten oder Märchen!!!
Die Sache mit Gott und Jesus ist kein Kirchenbeschluss,
der mit knapper Mehrheit zustande kam.
Es war doch so: Wir haben die Herrlichkeit Jesu selber gesehen.
Ich, Petrus, bin ein Augen- und Ohrenzeuge dafür. Ihr könnt mir wirklich vertrauen.

Ich war doch mit Jakobus und Johannes auf dem heiligen Berg,
als eine Stimme von Gott, dem Vater kam, die sagte:
Dies ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe
Dasselbe Wort, was schon bei der Taufe Jesu erklungen war.
Hier hat Gott gehandelt und gesprochen, nicht ein Mensch.
Das ist keine selbst erdachte Fabel. Gott, der Vater, bekannte sich zu unserem Herrn Jesus. Wir haben seine Herrlichkeit selber gesehen. Er ist uns doch auch als Auferstandener begegnet.“

Und dann verweist Petrus noch auf das Wort Gottes, dass die Propheten gesprochen und geschrieben haben. Er bezieht sich auf die damalige Bibel, das Alte Testament, wenn er schreibt:

„Um so fester haben wir das prophetische Wort, und ihr tut gut daran, dass ihr darauf achtet als auf ein Licht, das da scheint an einem dunklen Ort, bis der Tag anbreche und der Morgenstern aufgehe in euren Herzen.“

Auch wir hier in Apostel haben das prophetische Wort, die vielen Weissagungen und Verheißungen, die sich bereits erfüllt haben,
aber auch die Gebote und die Geschichten, die Psalmen und die Weisheit darin. Und wir haben heute sogar noch mehr als Petrus.
Wir haben auch das Neue Testament: Die Evangelien und die Briefe. Von daher gilt das Wort von Petrus noch viel mehr für uns.

Was wüssten wir eigentlich von Jesus, wenn wir die Bibel nicht hätten? [Pause]
Nicht viel zumindest.

Deshalb rät uns Petrus: Achte auf das Wort (!), lass dich darauf ein, richte den Sinn darauf und höre demütig hin.

Petrus wirbt um unser Vertrauen in die Bibel als Wort Gottes.
Und so tun es die anderen Schreiber der Bibel auch:
Lukas z.B. gibt an, dass er alles von Anfang an sorgfältig - akribisch erkundet hat, damit sein Freund Theophilus, den sicheren Grund der Lehre erfährt.“
Es haben sich übrigens nur solche Texte als biblische Bücher durchgesetzt, die von Menschen geschrieben wurden, die Augenzeugen waren oder die eng mit den Augenzeugen in Verbindung standen.
Und Johannes schreibt am Ende seines Evangeliums, dass seine Worte das Ziel haben, dass wir glauben, dass Jesus der Sohn Gottes ist und nicht nur irgendein begabter Mensch. Johannes bestätigt am Ende ausdrücklich, dass sein Zeugnis von Jesus wahr ist. Das ist der Anspruch der Bibel.

Und wenn es wahr ist, dass diese Menschen in Jesus eben keinen gewöhnlichen Menschen getroffen, sondern Gott selbst auf Erden erlebt haben, dann werde ich selbst ehrfürchtig und mein Vertrauen in die Bibel wächst, weil ich die Liebe und die Sorgfalt dieser Schreiber in den Blick bekomme.
Gute Gründe, der Bibel zu vertrauen.

Aber der Zweifel Nr. 2 fragt tiefer.
Zweifel 2: Ist die Bibel wirklich Gottes Wort. Ist es wirklich wahr, was darin steht? Was hat sie denn an sich, was anderer Literatur fehlt?

Petrus schreibt dazu: „Doch eins dürft ihr dabei nicht vergessen: Kein Mensch kann jemals die prophetischen Worte der Heiligen Schrift aus eigenem Wissen deuten.
Denn niemals haben sich die Propheten selbst ausgedacht, was sie verkündigten. Immer war es der Heilige Geist, der sie beauftragte und dazu trieb, das auszusprechen, was Gott ihnen eingab.“

Petrus sagt: Keine Weissagung oder Prophetie fällt unter eine eigenmächtige Auslegung oder ist nur Sache eigenen Wissens.
Es geht bei der Bibel letztlich nicht um Menschenweisheit, sondern um Gottes Weisheit.
Denn die Propheten redeten nicht ihr selbst Erdachtes, sondern Menschen haben getrieben vom Heiligen Geist von Gott her geredet. Damit sind drei Dinge ausgesagt:

1. Menschen haben die Bibel geschrieben - sie ist nicht vom Himmel gefallen – wie tendenziell der Koran oder das Buch Mormon.
2. Sie haben von Gott her geredet. Sie haben seine Botschaft überbracht und waren von ihm gesandt und bevollmächtigt.
Es ist eine göttliche Botschaft, nicht bloß menschliche Weisheit,
sondern ein Bericht von Gottes Taten und seine Offenbarung an uns.
3. Der Heilige Geist hat die Schreiber geführt und gelenkt - auf geheimnisvolle Weise. Das ist das Geheimnis der Inspiration, wie es die Theologen nennen.

Auch im 2. Timotheusbrief wird diese Eigenart der Bibel bestätigt: Dort heißt es: Alle Schrift ist von Gott eingegeben. (2.Tim 3,16)
Das ist das Besondere an der Bibel, deshalb ist sie das Wort Gottes an uns. Deshalb sagen wir „Dein Wort ist unseres Fußes Leuchte“
Es ist ein besonderes Wort.

Und daraus ergibt sich auch, wie ich die Bibel lesen soll:
Ein großer Theologe, Adolf Schlatter, hat einmal gesagt:
„Wir stehen nicht auf der Bibel, sondern unter ihr.“ (2x)

Das bedeutet: Nicht meine helle Vernunft erleuchtet die Schrift,
sondern ich werde von ihr erleuchtet.
Versuchen Sie doch einmal so in der Bibel zu lesen,
mit diesem Blickwechsel!
Nicht meine helle Vernunft erleuchtet die Schrift,
sondern ich werde von ihr erleuchtet!
Das Wort ist meines Fußes Leuchte, nicht mein Fuß oder mein Kopf leuchten. Mir muss ein Licht aufgehen und darum kann ich Gott bitten.

Es geht also nicht um den höchsten IQ beim Bibel lesen.
Ich brauche den Heiligen Geist, damit mir das Wort Gottes als Licht aufgeht.
Ich muss die Bibel in dem Geist lesen, in dem sie auch geschrieben wurde. Nur durch den Heiligen Geist erkenne ich Jesus als meinen Herrn und Gott und halte ihn nicht für eine Fabel oder eine Torheit.

Den Verstand soll man dabei nicht an der Garderobe abgeben, aber ich glaube, dass man niemals alle intellektuellen Zweifel an der Bibel überwinden kann.

Ich habe jedoch so viel studiert und gute Bücher gelesen, dass ich gemerkt habe, dass es viele gute Gründe gibt der Bibel zu vertrauen und ihr nicht mit einem grundsätzlichen Zweifel, sondern mit einem grundsätzlichen Vertrauen zu begegnen.
Und dieses Vertrauen ist letztlich ein Geschenk Gottes
– wie der Glaube überhaupt.

Ich lese die Bibel also in der Hoffnung, dass Gott meinen Verstand durch seinen Heiligen Geist erleuchtet – nicht, indem ich meinen Verstand abschalte!
Das ist mir sehr wichtig. Darum finde ich es auch nicht richtig, wenn man oft hört: „Das kannst Du eh nicht beweisen – das musst Du einfach glauben.“
Das ist zwar richtig: Wir können und müssen die Wahrheit der Bibel nicht beweisen. Richtig ist aber auch, dass die Bibel nicht intellektuell widerlegt werden kann.
Ich meine vielmehr, dass es vernünftig ist, ihr Vertrauen zu schenken. Ich sehe sie immer wieder als wunderbare Einheit mit einer inneren Logik.

Letztlich ist es für mich mit der Bibel wie mit der Liebe.
Die Liebe kann ich nicht beweisen – trotzdem ist sie die unbedingte Grundlage meines Lebens.
Und ich gründe mein Leben viel lieber auf die Liebe als auf einen abstrakten logischen Beweis, dessen Voraussetzungen ich wiederum anzweifeln könnte.

Letztlich wird man aber nur überzeugt von der Bibel, wenn man sich mit offenem Herzen auf sie einlässt.

So ging es auch Dietrich Bonhoeffer - er hat einmal bekannt:
„Seit ich gelernt habe, die Bibel zu lesen, wird sie mir täglich wunderbarer. Ich lese jeden Tag darin. Ich weiß, dass ich nicht mehr leben könnte ohne sie!“

Und diese Erfahrung bleibt nicht irgendwelchen Glaubenshelden vorbehalten, sondern diese Erfahrung steht jedem von uns offen.
Gott will in der Bibel zu uns ganz persönlich sprechen.
Wir entdecken plötzlich: In den Geschichten der Bibel - da kommen wir vor. Unser Leben ist in der Bibel mit gemeint.

Die Bibel erzählt von einem persönlichen Gott und sie will mich ganz persönlich ansprechen. Sie will mich nicht nur über Gott informieren, sondern sie will mich wachrütteln, überzeugen, ansprechen und verändern – das alles wirkt der Heilige Geist durch Gottes Wort.

> Viele von Ihnen könnten jetzt hier vermutlich aus ihrem Leben berichten, wie die Worte der Bibel sie getroffen haben.

> Ich habe das zum ersten Mal als 18 Jähriger auf einer Jugendfreizeit erlebt: Die Predigten schienen für mich geschrieben zu sein und am Ende der Freizeit bekam ich einen Bibelspruch für das Neue Jahr:
Mk 5,36 „Fürchte dich nicht, glaube nur!“
Das war das Wort, was mir noch zum Glauben fehlte.
Auf dieses Wort hin habe ich es gewagt und nicht bereut!

[Fazit: ] Ich komme zum Schluss.
Petrus will uns an diesem Morgen Mut machen, der Bibel zu vertrauen.
Er will unser Leben von Gott her erhellen.
Sicher - wir erleben immer wieder Dunkelheiten auf dem Weg mit Gott. Wir zweifeln an unserem Glauben und an Gott und denken manchmal auch an Mythen oder Märchen.

Aber hier sagt uns Petrus:
Lasst uns auf das Licht des Wortes Gottes achten.
Lasst uns die Bibel lesen
Und zwar als Anrede Gottes, langsam und mit Gebet.
Lasst uns voller Erwartung lesen, dann wird Gott zu uns reden.
Das hat er versprochen.
Und lasst uns die Bibel vor allem als Liebesbrief, als Brief unseres Vaters im Himmel lesen.
Denn die Bibel ist die Liebeserklärung Gottes an liebesbedürftige Menschen.
Es ist so wie in der Geschichte am Anfang: Gott schenkt mir in der Bibel einen Diamantring und sagt: „Aus Liebe zu Dir!“
Amen.
Und der Friede Gottes, der höher ist als unsere Vernunft bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus - Amen.