Apostel Harburg

Der Segen geht weiter

Claus Scheffler hat es vor zwei Wochen so auf den Punkt gebracht:
Segen bedeutet, dass Gott mit uns geht!

Ich finde es großartig, dass uns dieser Segen und damit die Gegenwart Gottes in jedem Gottesdienst wieder neu zugesprochen wird. Ich spüre, dass das für meinen Glauben unheimlich wichtig ist.
Selbst wenn der Segen immer ein bisschen geheimnisvoll bleiben wird.

Trotz seiner scheinbaren Selbstverständlichkeit.
Ich habe schon zigmal davon gehört, hab schon hunderte Karten geschrieben, auf denen ich „Gottes Segen“ gewünscht habe und bin schon unzählige Male selbst gesegnet worden.

Ich weiß, dass mir durch den Segen Gottes Gegenwart zugesprochen wird und ich genieße das auch sehr.
Aber was genau passiert da, wenn ich gesegnet werde?
Und was meine ich eigentlich, wenn ich jemandem „Gottes Segen“ wünsche?

Kennt ihr die Situation, in der sich jemandem von euch verabschiedet und dann sagt: „Ich wünsch dir was!“

Habt ihr euch jemals gefragt, was der andere euch eigentlich wünscht?
Das muss ja nicht zwangsläufig etwas Gutes sein. Wenn ich zu euch sage: „Ich wünsch dir was!“ kann es ja auch sein, dass ich euch wünsche, dass ihr mal so richtig schön Pech haben, weil ich euch eigentlich doof finde!

„Ich wünsch dir was“ ist eine einigermaßen höfliche Formel, die es uns erlaubt, uns nicht intensiver mit unserem Gegenüber beschäftigen zu müssen.

Falls ihr also mal wieder so einen Wunsch gewünscht bekommt, probiert doch mal folgendes aus:
fragt mal nach: „Was wünschst du mir denn?“
Und seid gespannt auf die Antwort!

Mir geht es so ähnlich mit dem Geburtstagssegen. Wenn ich sagen kann: „Ich wünsche dir Gottes Segen!“ dann muss ich mich nicht damit auseinandersetzen, was ich meinem Gegenüber genau wünsche.

Und ist euch schon mal aufgefallen, dass der Wunsch um Gottes Segen noch lange nicht der Segen selbst ist?

Wenn ich mir ein neues Auto wünsche, dann habe ich es noch nicht.
Wenn ein Kind zu seiner Mama geht und sagt: „Mama, ich habe Hunger und möchte gerne ein Brot haben!“ und die Mutter sagt:
„Das wünsche ich dir von ganzem Herzen!“ dann hat das Kind dadurch weder ein Brot noch ist es irgendwie gesättigt.

Und so ist es auch mit Gottes Segen.
Wenn er nur ein Wunsch bleibt, dann ist er noch nicht da.
Dann ist der Mensch nicht gesegnet.
Gottes Segen muss ein Zuspruch sein, er muss uns zugesagt werden, damit er wirkungsvoll ist.

Aber was genau heißt es, dass der Segen wirkungsvoll ist?
Bekomme ich durch den Segen eine Garantie dafür, dass in meinem Leben alles so läuft, wie ich mir das vorstelle und wünsche?
Was ist eigentlich, wenn das Gefühl da ist, dass der Segen weg ist?
Kann etwas, das gesegnet wurde, irgendwann mal nicht mehr segensreich sein?

Eine Bedeutung von Segen ist, dass Leben möglich wird. Durch den Segen wird Leben möglich. Segen bedeutet, dass Leben entstehen, weitergehen und wachsen kann. Wenn etwas gesegnet ist, dann dient es dem Leben.

Daran wird deutlich, dass der Segen kein punktuelles Ereignis ist, sondern ein beständiges Begleiten Gottes.
Durch den Segen wird Wachstum möglich. Wir alle wissen, dass natürliches Wachsen viel Zeit in Anspruch nimmt. Nur dort, wo künstlich nachgeholfen wird, sprießt das Gemüse in kürzester Zeit. Gottes Plan ist aber das langsame, das geduldige und das spannende Wachstum.

Wenn Gott segnet, dann gibt er uns dadurch die Kraft zum Leben, die Kraft zum Wachsen. Und das sehe ich als eine Basis, auf der wir aufbauen können.

Gott geht es immer um die Beziehung zwischen uns und ihm. Er möchte, dass wir ihm so nah wie möglich sind und dass er uns so nah wie möglich kommen darf. Dazu haben wir die freie Entscheidung. Durch den Segen macht Gott uns deutlich, dass er immer bei uns ist.

Wenn uns sein Segen zugesprochen wird, dann kommt Gott uns ganz nah, spürbar nah. Und das ist mehr als alle guten Wünsche dieser Welt.

Gott kommt uns im Segen ganz nah. Und wir haben die Möglichkeit, ihm auch ganz nah zu kommen. Aber das ist unsere Entscheidung!

Deswegen bin ich zutiefst davon überzeugt, dass wir nichts tun können, das Gottes Segensfluss zu uns stoppt. Gott wird immer bei uns sein. Gott will, dass wir leben und dass unser Leben gut und erfüllt wird. Sogar übervoll, damit wir für andere zum Segen werden können. Damit durch uns auch das Leben anderer wachsen kann.

Ich glaube allerdings, und das hat Claus Scheffler auch schon in seiner Predigt angesprochen, dass wir durchaus Endstation des Segensflusses sein können. Ich glaube, dass wir es durchaus in der Hand haben, ob wir Gottes Segen für uns selbst erleben
und ob wirr ihn auch an andere weitergeben wollen.

Vielleicht kennt ihr Situationen, in denen ihr das Gefühl habt, dass es nicht mehr weitergeht. Das Leben scheint stillzustehen und ein Weg in die Zukunft scheinbar verbaut zu sein. Ich bin davon überzeugt, dass Gott in diesen Momenten nach wie vor seinen Segen schenkt, aber gleichzeitig Blockaden existieren, die ein Segenserlebnis für uns und andere verhindern.

Denkt bitte kurz mal darüber nach, ob euch eine Situation einfällt, in der ihr das Gefühl habt, dass sie nicht gesegnet ist. Vielleicht fällt euch etwas ein.

Die Bibel ist voll von Geschichten, in denen Menschen gesegnet wurden und dieser Segen in ihrem Leben auch sichtbar wurde, obwohl sie sich immer wieder in solchen Situationen befunden haben, an die ihr gerade gedacht habt.

Eines meiner Lieblingsbeispiele dafür ist der König David. David war der größte König des Volkes Israel. Er wurde bereits als junger Mann nicht nur gesegnet, sondern sogar gesalbt. Eine Salbung mit Öl ist von der Bedeutung her ganz ähnlich wie der Segen, aber von der Erfahrung her noch intensiver, noch spürbarer, noch direkter.

Und dieser gesalbte, gesegnete David, der Gott ganz konkret in seinem Leben erfahren hat, der weiß, was gut und was schlecht ist.
Dieser David begeht Ehebruch und wird zum Mörder, indem er einen Mann bewusst in den sicheren Tod laufen lässt. Trotzdem entsteht unter seiner Herrschaft das vereinte israelische Reich, das zur vollen Blüte reift.

Sein Sohn Salomo wird später den Tempel von Jerusalem bauen lassen. Der Segen geht weiter!

Es scheint also auch Zeiten in einem gesegneten Leben zu geben, in denen der Segen nicht sichtbar wird, in denen er nicht zur Wirkung und Entfaltung kommt oder kommen kann.

Und da ist es natürlich interessant mal zu gucken und zu fragen, was in diesen Zeiten passiert. Was da los ist, dass es zu diesen Blockaden kommt.

Bei den Beispielen aus Davids Leben liegt es scheinbar auf der Hand. Sein Egoismus bringt ihn dazu, sich das zu nehmen, was er unbedingt haben will. Und dabei geht er über Leichen. Er zerstört die Ehe von zwei Menschen, in dem er ein heimliches Verhältnis
mit Batseba eingeht.

Das bleibt aber nicht ohne Folgen, denn sie wird schwanger. Und da ihr Mann sich gerade im Krieg befindet, droht der Ehebruch aufzufliegen. David versucht mit allen möglichen Tricks, das zu verhindern. Aber irgendwann sieht er nur noch die Möglichkeit, Batsebas Mann an vorderste Front und damit in den sicheren Tod zu schicken.

Interessant finde ich dabei, dass seine Pläne nach menschlichem Ermessen funktioniert haben. Das Volk hat nichts davon mitbekommen. Im Krieg sterben Menschen halt. Das kommt vor.

Es hätte also im Prinzip alles weiterlaufen können. David holte Batseba nach angemessener Trauerzeit zu sich und das Kind wurde geboren. Es war also eigentlich alles in Butter. Nur, dass irgendwas nicht stimmte. Und ich bin mir sicher, dass David genau das auch gefühlt hat. Etwas war nicht in Ordnung. Es war klar, dass dies alles nicht Gottes Willen und seiner Liebe entsprach. Und dadurch konnte das Leben nicht richtig weitergehen.

David musste seine Schuld erst eingestehen. Er musste sie bekennen und bereuen, damit er wieder frei für Gottes Segen wurde.
Und dann konnte der Segen auch weitergehen, weiter wirken! Und das sogar durch die Beziehung von David und Batseba.

Ich finde es ganz wichtig zu registrieren, dass es dann nicht so war, dass auf der Beziehung von David und Batseba kein Segen lag.
Die Beziehung, die so schuldbeladen begann, wird später von Gott gesegnet. Der große König Salomo ist das Kind der beiden.
Gott kann also auch das segnen, was ungesegnet begann. Gott kann aus einem krummen Weg einen geraden Weg werden lassen.

Das heißt nicht, dass er das immer tut. Aber es heißt, dass er auch auf den schiefen Wegen schon bei uns ist. Und ich glaube, dass er gerade dann besonders darauf wartet, dass wir uns ihm wieder zuwenden. Und wenn wir das tun, dann kann das Leben gut weitergehen.

Es ist natürlich nun einfach zu sagen: Der David, der war total egoistisch und stand damit Gottes Segen oft im Weg. Und weil ich nicht egoistisch bin, hab ich also keine Probleme.

Das ist natürlich Quatsch!
Und genau an dieser Stelle können wir ganz viel von David lernen. Er hat es nämlich zugelassen, dass Gott ihm seine Schwachstelle gezeigt hat. Er hat es zugelassen, dass Gott ihm auf schmerzhafte Art und Weise seine Fehler und seine Schuld vor Augen geführt hat.

Und David hat die Augen dann nicht mehr davor verschlossen. Bis dahin hat er vielleicht gedacht: „Es ist alles glatt gegangen!“
Auch wenn er in seinem Herzen schon gespürt haben mag, dass das nicht stimmte.
Er brauchte Gott, damit er aufhören konnte, sich selbst etwas in die Tasche zu lügen.

Und vielleicht brauchte David auch solche Erlebnisse (ohne jetzt Ehebruch und Mord zu rechtfertigen), damit ihm klar wurde, dass Gottes Segen kein Freifahrtschein ist, der bedeutet, dass ich alles machen kann, weil ich ja gesegnet bin.

Der Segen ist eine Grundlage, auf der wir aufbauen können. Gesegnet sein heißt, dass Gott mit uns geht. Es heißt aber nicht, dass uns alles leicht von der Hand geht. Das ist ein gefährlicher Irrglaube.

Die kirchliche Hochzeit ist zum Beispiel eine Segenshandlung. Dem Brautpaar wird zugesprochen, dass Gott bei ihm ist. Das bedeutet aber eben nicht, dass eine gesegnete Ehe auch automatisch eine glückliche und ewige Beziehung ist.
eine glückliche und ewige Beziehung ist.
Wer sich auf dem Segen ausruht, der wird irgendwann feststellen, dass er gar nicht mehr wirkt, weil er gar nicht mehr wirken kann.
Wenn Ehepartner keine Zeit mehr für ihre Beziehung finden, dann kann Gott noch so viel segnen. Dann ist da gar kein Ort mehr, an dem dieser Segen zur Wirkung kommen kann.

Das ist ein sehr offensichtliches Beispiel. Vielleicht ist es bei der Situation, die ihnen durch den Kopf geht, viel schwieriger zu durchschauen.

Ich habe euch ja vorhin gebeten, euch über eine „ungesegnete Situation“ in eurem Leben Gedanken zu machen.

Die Beschäftigung mit solchen Situationen ist für mich eine echte Voraussetzung dafür, dass wir den Segen wieder erleben können.
Und dabei ist das Wichtigste, das Gespräch mit Gott darüber.

Denkt an euer Beispiel und überlegt, warum ihr dort keinen Segen spüren könnt. Bittet Gott, dass er euch auf die Sprünge hilft. Und bittet ihn um seine Kraft, vielleicht auch harte Erkenntnisse tragen zu können.

Denkt darüber nach, was ihr tun könnt, damit Gottes Segen wieder weiterfließen kann. Es geht dabei nicht um Schuldzuweisungen
oder um Rechthaben, sondern es geht darum, Gottes Kraft wirken zu lassen. So eine Blockade kann ja ganz unterschiedliche Ursachen haben. Unausgesprochene Konflikte, Angst vorm Scheitern, Schuld, die nicht ausgeräumt und vergeben wurde, Egoismus, Lieblosigkeit, Verletzungen und vieles mehr.

Manchmal haben wir es eventuell auch gar nicht in der Hand. Oft sind noch andere Menschen beteiligt, die auch dazu beitragen,
dass der Segen nicht mehr fließt. Das ist dann noch schwieriger, als wenn es nur um mich geht.

Aber letztendlich kann die Frage immer nur sein: was kann ich mit Gottes Hilfe tun, damit Segen möglich wird?
Es kann sein, dass ich etwas an mir von Gott verändern lassen muss. Es kann sein, dass ich ein Gespräch mit jemandem suchen muss. Es kann sein, dass ich mich aus Situationen raushalten muss.

Wichtig ist, dass wir offen an solche Probleme rangehen und nicht von vornherein meinen, die „wahre“ Antwort zu kennen.

Und natürlich ist es eine wichtige Voraussetzung, dass wir uns immer wieder in Gottes Gegenwart begeben, die Gemeinschaft mit ihm suchen und auf ihn hören.

Ich bin fest davon überzeugt, dass wir in hundert Gottesdiensten hundertmal am Ende gesegnet werden können – aber ob wir Gesegnete sind oder nicht, das entscheidet sich in unserem Herzen. Das entscheidet sich in unserer Beziehung zu Gott.

Er ist immer bei uns. Er segnet uns reichlich und überschwänglich. Und er freut sich unendlich mit uns, wenn dieser Segen unser Leben bestimmt. Wenn wir Lösungen finden in schwierigen und segenslosen Zeiten. Wenn Gottes Segen in uns und durch uns zum Zug kommt.