Apostel Harburg

Der graue Alltag - Wir jammern weiter

„Der graue Alltag – Wir jammern weiter“

Paulus schreibt:
„Seid fröhlich in der Hoffnung, geduldig in Trübsal, beharrlich im Gebet.“ (Rm. 12, 12)

Er schreibt nicht:
Jammert rum, wenn ihr euch schlecht fühlt, beklagt euch, wenn ein anderer bevorzugt wurde und lästert über die Nicht-Christen

Der Grund dafür ist, dass Paulus weiß:
Das, was wir sagen, schafft eine Wirklichkeit – in uns selbst, in den Menschen, die wir beeinflussen, und um uns herum – es strahlt aus.

Deshalb ist es so wichtig, was wir sagen:
Wir prägen damit unsere Welt.

Vielleicht denken Sie jetzt, dass ich übertreibe.
Vielleicht denken Sie, dass das, was Sie sagen, so viel nun doch nicht bewirken kann.

Meine These ist (und die habe ich aus der Bibel):
Ihr Einfluss ist gewaltig!
Sie gestalten Ihre Welt viel stärker, als Sie vielleicht denken!

Das Problem ist aber:
Wir alle tendieren zu einer negativen Sprache.
Wir gestalten uns dadurch eine negative Welt.

Von der Schauspielerin Lily Tomlin stammt das folgende Zitat:
„Der Mensch erfand die Sprache zur Befriedigung seines tiefen Bedürfnisses, sich zu beklagen.“

Kommt Ihnen das bekannt vor?
Wir hatten dieses Thema schon mal zu fassen, vor etwa einem Jahr.
Damals ging es um das Jammern und Sich-Beklagen, und ich hatte Sie zu einem Selbstversuch eingeladen: Versuchen Sie mal, 21 Tage lang hintereinander nicht zu jammern und sich nicht zu beklagen.

Ich hatte Ihnen ein lila-farbenes Armband mitgegeben.
Das sollte immer den Arm wechseln, wenn Sie jammern oder sich beklagen.
Ziel war, dass es 21 Tage lang auf einem Arm bleibt – weil Sie es eben geschafft haben, nicht zu jammern.

Ziel war es, eine Meisterin oder ein Meister der 21 Tage werden.

Jetzt ist ein Jahr vorbei.
Einige von uns haben es geschafft.
Und viele nicht.
Ich habe neue lila farbene Armbänder dabei.

„Der Mensch erfand die Sprache zur Befriedigung seines tiefen Bedürfnisses, sich zu beklagen“

Eine Sache hat sich bei mir recht grundlegend geändert, seitdem das Jammern im letzten Jahr Thema bei uns war: Ich hatte bis dahin von mir selbst den Eindruck, dass ich eigentlich nur ganz selten jammere.
Dem ist aber nicht so.
Und inzwischen merke ich es fast jedes Mal.
Ich merke auch, wie schlecht ich mich dabei fühle – und wie ich damit meine Umwelt beeinflusse.

Meistens ist das so – aber nicht immer.

Und die Male, an denen ich es nicht merke, sind wirklich gemein: Da überliste ich mich nämlich selbst.
Kurz vor den Sommerferien war es so, dass ich all die Aufgaben, die ich so hatte, nicht mehr schaffte.
Es war zu viel.
Also blieb einiges liegen.
Diejenigen, die davon betroffen waren, waren genervt – und zeigten das auch, auf sehr unterschiedliche Weise.

Und was machte ich?
Ich begann, die gemeinsamen Treffen immer damit einzuleiten, dass ich erzählte, wie furchtbar viel ich zu tun hätte – ich habe ein wenig gejammert, damit jeder weiß, dass er mir jetzt bitte nicht sagen soll, dass er genervt ist, weil ich wieder was nicht geschafft habe.

Das hat durchaus einigermaßen funktioniert.
Die anderen verstummten, zumindest zeitweise, und die Stimmung war ziemlich gedrückt.
Auch deshalb, weil sich jetzt einige andere animiert fühlten, ebenfalls zu erzählen, wie furchtbar viel sie zu tun hätten.
Es entstand so eine Art Jammer-Wettbewerb.

Wir jammern viel mehr, als wir glauben.
Und wir prägen damit unsere Umwelt.

Unsere Gedanken formen unsere Sprache, unsere Sprache formt unsere Wirklichkeit.

Wenn wir jammern, ist unser Geist auf Jammern konzentriert.
Dann produziert er weitere jammervolle Gedanken.
Und steckt andere damit an.
Das Sich-Beklagen ist eine Krankheit mit hoher Ansteckungsgefahr!
Menschen beklagen sich im Durchschnitt 10-20x tgl. – jeder einzelne!

(bei 60 AGD-Gästen: 600 – 1200 Klagen tgl. = ~ Gehörverschmutzung)

Das färbt auf unser Leben ab!

Als ich darüber gejammert hatte, wie unglaublich viel ich zu tun hätte und dass ich das, was heute fertig geworden sein sollte, daher unmöglich geschafft haben kann, fingen die anderen auch an zu jammern.
Und zu Recht, sie haben ja auch was zu tun.
Wir hatten also eine richtig gute Stimmung.

Irgendwann hat mein Kollege Burkhard Senf mich mal vorsichtig darauf angesprochen.
Er hat nicht gesagt:
„Du jammerst ständig, nimm dich mal zusammen.“
Dazu ist er viel zu höflich.
Er hat es sehr vorsichtig gesagt.

Aber das sich-Beklagen hat ja einen Sinn.
Wir klagen und jammern, weil wir einen Nutzen davon haben.
Ich wurde bedauert und ich hatte eine Entschuldigung.

Allerdings gab es eben auch einige „Nebenwirkungen“: Es zog uns alle ziemlich runter, die Stimmung war nicht gut – und vor allem: Das Problem wurde nicht behoben.
Ich habe es ja nicht angesprochen.

Wer jammert, macht sich zu einem Opfer der Umstände.

Ich armes Opfer!

Möchten Sie gerne ein Opfer sein?
Nein?
Dann machen Sie sich auch nicht dazu!
Wer jammert, richtet sich in seiner „Jammerwelt“ ein.
Wer sich gerne beklagt, macht sich zu einem Opfer – weil er die Probleme lieber nicht angeht.

Wobei es zunächst durchaus nicht immer schmerzfreier ist, wenn man Probleme angeht.
Letztlich aber doch.
Deshalb werde ich diese Probleme jetzt angehen müssen.

Denn wenn wir uns beklagen, bleiben wir bei dem stecken, was wir nicht wollen, statt uns auf das zu konzentrieren, was wir wollen.



Aber was wollen wir eigentlich?

Ich möchte das, worüber ich jammere, eigentlich los sein.
Ich möchte gerne glücklicher und harmonischer leben.

Das ist das Ziel des jammerfreien Lebens.

Und das kann genauso abfärben und sich auf unsere Umwelt übertragen wie das Jammern.

Denn wir gestalten unsere (Um-) Welt viel stärker, als wir glauben!

In Apostelgeschichte 2, dem Text über die Entwicklung der ersten Gemeinde, heißt es:
„Sie waren einmütig beieinander mit Freude und lauterem Herzen.
Sie lobten Gott und fanden Wohlwollen beim ganzen Volk.“ (Acta 2, 46f)

Und weil das so war, kamen täglich viele Menschen zur Gemeinde hinzu.

Denn das Leben und Verhalten der Christen in der ersten Gemeinde färbte ab.

Jesus hat mal gesagt:
„Daran wird jedermann erkennen, dass ihr meine Jünger seid, indem ihr Liebe übt untereinander!“ (Joh 13, 35)




er legte größten Wert darauf, wie wir miteinander leben und umgehen:
wir sollen einander verzeihen - und nicht übereinander lästern.
wir sollen danken - und nicht jammern
wir sollen die Freude Gottes in uns haben - und uns nicht ständig beklagen
"Suchet, so werdet ihr finden", hat Jesus gesagt.
Und wir werden das finden, was wir suchen!





Deshalb schreibt Paulus in seinen Briefen den Gemeinden auch häufig, wie sie miteinander umgehen sollen:
„Eure Liebe untereinander sei herzlich!
Seid fröhlich in der Hoffnung, geduldig im Leiden und beharrlich im Gebet!“ (Rm. 12, 12)

Paulus weiß schon, dass es eine Menge Leid gibt, über das man prima jammern könnte.
Aber er weiß auch, was das Jammern bewirkt: Wir gestalten unsere Umwelt!

Als wir im Februar Anselm Grün zu Gast hatten in der Eberthalle, wurde ich von zahlreichen Gästen darauf angesprochen, wie freundlich die Begrüßung und der Empfang an der Tür waren.
Wir fanden sozusagen „Wohlwollen beim ganzen Volk“ – und das hatte eine Wirkung!

Was wollen wir also?
Eigentlich wollen wir gar nicht jammern.
Eigentlich wollen wir das, worüber wir jammern, los sein.

Ich möchte gerne glücklicher und harmonischer leben!
Das ist das Ziel des jammerfreien Lebens.

Der Pastor Will Bowen beschreibt in seinem Buch Einwandfrei 4 Stadien auf dem Weg zu einer klagefreien Person.

Das erste Stadium nennt man:



Die unbewusste Inkompetenz

Wenn wir uns in diesem Stadium befinden, merken wir nicht, wie sehr wir jammern und klagen.

So wie ich es vorhin von mir selbst beschrieben habe.

Ich bin allerdings nicht immer in diesem Stadium.
Ich kann hin- und herspringen – und euch kann das auch passieren.

Das Ziel in diesem Stadium ist, die Selbstwahrnehmung zu verbessern.

Und die Folge davon ist der Schock der Selbsterkenntnis: Ich jammere wirklich ständig!

Das 2. Stadium ist



Die bewusste Inkompetenz

Uns ist sozusagen mit Unbehagen bewusst, wie oft wir uns beklagen.

Als ich anfing, bewusst darauf zu achten, wann ich jammere, mich beklage oder lästere, passierten zwei Dinge:

1. Ich dachte: Das kann doch gar nicht sein, dass ich so oft jammere.
2. Ist das eigentlich alles Jammern, was ich da gerade beobachte?

Oder sind das einfach nur Gespräche über die Wirklichkeit, die eben manchmal negativ ist, und die man doch nicht verschweigen darf?

Ob etwas Jammern im negativen Sinne ist, macht sich an der Energie fest, die Sie in sich spüren.
Wenn ihr in euch hinein fühlt, werden Sie merken, ob das, was Sie gerade sagen, negativ ist und Sie und die anderen eher runterzieht – oder nicht.

Von Jammerern wird uns ständig Energie abgezogen!
Fröhliche Menschen dagegen schaffen in uns Energie.

Das Ziel im 2. Stadium ist daher, Die Energie hinter dem Gesagten zu spüren.

Das 3. Stadium ist die



Bewusste Kompetenz

Ich bin sehr sensibel ich formuliere bewusst in positiveren Begriffen.

Das ist eine sehr schöne Phase:
Eine Familie hat sich mal vorgenommen, am Frühstückstisch nicht mehr zu jammern, zu lästern und zu klagen.
Die Folge war, dass es ein sehr schweigsames Frühstück wurde.

In dieser Phase wird viel geschwiegen und nachgedacht.
Man lässt das Plappern, weil es oft negativ ist, was man da plappert.
Wir versuchen, durch positive Gedanken eine positivere Realität zu schaffen.

Meine Familie und ich, wir hatten in diesem Sommer einen tollen Urlaub:
Wir waren in den USA und haben die Nationalparks besucht.

Dazu hatten wir uns ein Auto gemietet, für das wir sogar eine Art Notfall-Versicherung abgeschlossen hatten:
Wenn irgendetwas passieren sollte, brauche ich bloß die folgende Notfallnummer anrufen, und mir wird sofort ein Mechaniker geschickt, der alles repariert und ggf. sogar die Reifen wechseln würde.

Klasse, eine Notfallnummer.

Wir fuhren los, und nach etwa 100 Kilometern erklärte mir der Bordcomputer, dass ich doch bitte sofort das Öl wechseln solle.

Was habe ich also gemacht?
Na klar, ich habe die Notfallnummer angerufen.

Da hörte ich eine Stimme vom Band, die mir freundlich erklärte, dass man sich bei dieser Autofirma ganz einfach selbst verbinden könne:
Wenn ich die „1“ drücke, könnte ich ein Auto mieten.
Wenn ich die „2“ drücke, würde ich alles über die Firma erfahren, auch über eventuelle freie Jobs – was mich im Moment allerdings gar nicht so sehr interessierte.

Ich hörte sehr angestrengt zu, denn die Computerstimme sprach ein sehr schnelles Englisch.
Schließlich kam es:
Die „5“ solle ich drücken, wenn es irgendein Problem gäbe.

Das hätte ich jetzt fast gar nicht mitbekommen.

Für eine Notfallnummer fand ich all das etwas … allgemein.
Am Ende hatte ich dann jemanden zu fassen, der meine Anfrage offenbar sehr seltsam fand und nur sagte, dass ich mir über das Öl keine Sorgen machen brauche.

So weit fand ich das alles noch ganz lustig.

Ein paar Tage später sprang das Auto dann nicht mehr an.

Das lag allerdings nicht am Öl, sondern an der Batterie.

Ich sah mir die Notfallnummer an und hatte ganz spontan überhaupt keine Lust, sie anzurufen.

Stattdessen malte ich mir aus, wie ich mich zu Hause beim Reisevermittler beschweren würde, weil ich hier wertvolle Urlaubszeit verplempern muss.

Doch dann kam mir die erlösende Idee.
Ich ging in das Hotel, von dem aus wir gerade losfahren wollten, reichte der reizenden Dame am Empfang meine Notfallnummer und bat sie, da doch mal anzurufen.
Sie sah mich fragend an, und ich erklärte ihr, dass ich glauben würde, sie könne das erheblich besser als ich.

Und jetzt passierte es:
Sie rief an, sie drückte verschiedene Tasten und ließ sich durchstellen und sie sorgte dafür, dass der Mechaniker kam.

Währenddessen hatte ich einen Kaffee getrunken.

Dann kam der Mechaniker, gab uns einfach nur Starthilfe und erklärte dann, dass wir mit dieser Batterie aber nicht durch die Wüste kommen würden.

Ich fragte ihn, was ich tun sollte, und er antwortete: „Beim Vermieter anrufen und die Erlaubnis holen, eine neue Batterie einzubauen“.

Da habe ich ihm die Notfallnummer gereicht.

Er hat daraufhin etwa 1 ½ Stunden mit der Vermietung telefoniert.
Er hat über deren Sturheit geschimpft, sich ein paar Mal weiter verbinden lassen, schließlich in der Zentrale der Vermietung angerufen, verlangt, den Supervisor zu sprechen und diesem dann erklärt, dass er und seine Kollegen als Soldaten bei ihrem Einsatz im Irak täglich etwa 3000 Gegner getötet hätten – und jetzt wolle er die Zustimmung zum Einbau einer neuen Batterie haben.

Das Ganze war ein hoch interessantes Schauspiel.

Meine Frau und ich hatten uns währenddessen hingesetzt.
Etwa beim dritten Kaffee war mir klar geworden, dass ich überhaupt keinen Grund hatte, mich zu beklagen.

Die ganze Sache hatte zwar bis zur Mittagszeit gedauert, aber es war ein echtes Erlebnis gewesen.
Wir haben da viel gelernt und vor allem erfahren, dass zwei Menschen, die wir überhaupt nicht kannten, sich intensiv für uns eingesetzt hatten.
Warum hat dieser Mechaniker 1 ½ Stunden mit der Autovermietung telefoniert?
Er hatte seinen Job getan und hätte nach Hause fahren können.
Er ist aber nicht nach Hause gefahren.

Am Ende hatten wir eine neue Batterie, sind sicher durch die Wüste gekommen.
Und ich dachte mir: Danke, Gott, für diesen schönen Tag!

Ich hatte mich dabei ganz bewusst entschieden, weder jammern, noch mich über diese blöde Autovermietung beklagen zu wollen, sondern den Tag zu genießen.

Das dritte Stadium heißt: Bewusste Kompetenz, und das Ziel in diesem Stadium ist, auf das zu blicken, was geschehen soll – nicht auf das, was nicht geschehen soll (und worüber ich mich ärgere).

Das vierte Stadium ist dann die



Unbewusste Kompetenz

Man muss sich nicht mehr vornehmen, nicht zu jammern – man jammert einfach nicht mehr.

Eine Veränderung hat stattgefunden.
Mein Geist produziert nicht mehr diese Flut unzufriedener Gedanken.
Ich bin zufriedener und glücklicher.
Meine Gedanken sind auf das gerichtet, was ich will.
Mein Denken hat sich geändert: Ich bin dankbarer für das, was ich erlebe. Ich kann andere wertschätzen und kritisiere sie nicht.
Ich spreche über das, was ich will, nicht über das, was mich stört.

Dieses Stadium hat man normalerweise erreicht, wenn man es geschafft hat, 21 Tage hintereinander nicht zu jammern, zu lästern oder sich zu beklagen.

Falls Sie das versuchen und einen Selbstversuch wagen wollen, können Sie eines dieser lilafarbenen Armbänder nutzen (davon haben wir genügend hier).
Das soll immer dann den Arm wechseln, wenn Sie lästern, jammern oder sich beklagen.

Am Anfang wird das oft der Fall sein!
Im Schnitt dauert es 4 – 8 Monate, bis man die 21 Tage schafft.

Bei diesem Selbstversuch gelten übrigens nur die laut geäußerten Klagen.
Also locker bleiben: Was Sie denken, zählt noch nicht.

Und nicht aufgeben:
Es wird Rückschläge geben!
Sie wissen ja: Erfolgreich ist der, der einmal öfter aufsteht, als er hinfällt.
Das ist dasselbe, wie wenn man jonglieren lernen will: Man muss einfach weiter machen und sich nicht entmutigen lassen.
Auch nicht von Freunden, die genervt sind, weil man mit Ihnen nicht mehr lästern kann.

Erinnern Sie sich an das Johannes-Evangelium.
Jesus hat gesagt:
„Daran wird jedermann erkennen, dass ihr meine Jünger seid, indem ihr Liebe übt untereinander!“ (Joh 13, 35)
Liebe üben – wir sollen das üben!
Es ist also nichts, was wir einfach so können, weil wir Christen sind.
Es ist ein Auftrag, ein wichtiges Ziel unseres Glaubens.

Wenn Sie es schaffen, dann sind Sie am Ende so eine Art ein Meister oder eine Meisterin der 21 Tage .

Mal sehen, was daraus wird, und wie das uns und die Gemeinde weiter verändern kann.

Amen!